Neurodermitis befällt etwa 25% der Kinder und ist auch bei Erwachsenen recht häufig anzutreffen. Sie führt häufig zu dermatologischen Infektionen, vor allem aufgrund eines Anstiegs der schädlichen Bakterien Staphylococcus aureus, ein typisches Merkmal von Neurodermitis-Patient:innen. Erkenntnisse der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Tübingen haben in Versuchen festgestellt, dass solche Infektionen das Immunsystem schädigen und dadurch die Hauterkrankung verschlimmern können.
Erhöhte Bedrohung durch zerbrochene Hautbarriere
Die Wirksamkeit der Haut als Barriere ist bei Neurodermitikern stark gefährdet, so dass eine Fülle von Bakterienstämmen gedeihen kann. Das Bakterium Staphylococcus aureus ist einer von ihnen. Patient:innen, die mit dieser Krankheit zu kämpfen haben, neigen dazu, fast 200-mal so viele S. aureus-Bakterien auf ihrer Haut zu haben wie Patient:innen mit gesünderer Haut, was zu häufigen Infektionen führen kann. Prof. Tilo Biedermann und sein Forschungsteam von der Klinik für Allergologie und Dermatologie des Klinikums rechts der Isar und der Universität Tübingen haben Tiermodellstudien durchgeführt, um zu zeigen, wie solche Infektionen den Krankheitsverlauf verschlimmern können.
Geschwächte Abwehrkräfte gegen schädliche Mikroorganismen
Die Haut verfügt über einen inhärenten Alarmmechanismus zur Bekämpfung schädlicher Mikroorganismen, die so genannten Toll-like-Rezeptoren. Sobald diese Sensoren das Vorhandensein von bakteriellen Elementen wie Oberflächenproteinen erkennen, setzen sie das Immunsystem in Gang. In ihren Labortests fanden die Wissenschaftler:innen heraus, dass die Zellwandproteine von S. aureus über einen einzigartigen Signalweg die Bildung einer bestimmten Art von Immunzellen – von Myeloiden abgeleitete Suppressorzellen (MDSCs) – auf der Haut auslösen.
Unter idealen Umständen helfen MDSCs, Immunreaktionen und Entzündungen zu modulieren, indem sie diese gezielt hemmen. Das Experiment ergab jedoch ein besorgniserregendes Bild: Die hohen Mengen an S. aureus-Bakterienproteinen führten zu einer Überproduktion von MDSCs, die folglich sowohl schädliche als auch nützliche Immunreaktionen auf der Haut unterdrückten. Dieses Phänomen vergrößert die Auswirkungen der S. aureus-Infektion noch weiter, wie Biedermann erklärt.
Anstieg der MDSCs bei Neurodermitis-Patient:innen
Die Forschenden wendeten ihre Erkenntnisse aus dem Tiermodell auf die Untersuchung von 33 Menschen an, bei denen Neurodermitis diagnostiziert wurde. Sie entdeckten eine erhöhte Anzahl von MDSCs in den Blut- und Hautproben dieser Patient:innen im Vergleich zu ihren gesünderen Gegenstücken. Biedermann bestätigte, dass diese klinische Beobachtung ihren experimentellen Nachweis unterstreicht, dass ein Überschuss an MDSCs bei Neurodermitis-Patient:innen zu einer gedämpften Immunantwort auf der Haut führt. Dies hat leider einen negativen Einfluss auf das Fortschreiten der Krankheit.
Biedermann betonte das erschütternde Leid, das schwer betroffene Patient:innen aufgrund der anhaltenden Entzündung, des unerträglichen Juckreizes und der sozialen Ächtung ertragen müssen. Daher sind frühzeitige und kontinuierliche Behandlungen, insbesondere solche, die auf die Bakterien abzielen, von entscheidender Bedeutung, so Biedermann. Er drückte das Interesse seines Teams daran aus, zu erforschen, wie MDSCs normalerweise Entzündungen unterdrücken, in der Hoffnung, neue therapeutische Strategien gegen entzündliche Hautkrankheiten wie Neurodermitis zu entwickeln.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Forschungsarbeit eine entscheidende Verbindung zwischen dem Bakterium Staphylococcus aureus und dem eskalierenden Schweregrad der Neurodermitis aufdeckt. Die Erkenntnisse über die Rolle der MDSCs sind vielversprechend für die Entwicklung wirksamer Behandlungen für diese schwächende Hautkrankheit. Die Studie von Prof. Biedermann unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung, wobei nicht nur die Hauterkrankung, sondern auch die damit verbundenen bakteriellen Infektionen behandelt werden müssen.
- Skabytska, Y., et al. (2014). Cutaneous Innate Immune Sensing of Toll-like Receptor 2-6 Ligands Suppresses T Cell Immunity by Inducing Myeloid-Derived Suppressor Cells, Immunity, 2014.