Die künstliche Bauchspeicheldrüse, Insulin als Nasenspray usw. Woran forschen Wissenschaftler:innen eigentlich aktuell? Wie sieht die Diabetes Forschung aus? Mondosano hat für Sie recherchiert.
Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt sind bestrebt Lösungsansätze im Kampf gegen die Volkskrankheit Diabetes zu finden. Diese Lösungsansätze beinhalten aber nicht nur alleinig die Suche nach neuen Wirkstoffen um die Therapieoptionen für Diabetiker:innen zu erweitern. Nein, es geht um viel mehr.
Welche Forschungsansätze verfolgt die Wissenschaft?
Die Ansätze der Forschenden sind vielseitig und die meisten Forschungsansätze finden parallel zueinander statt. Viele unterschiedliche Unternehmen, Bundesbehörden und Forschende arbeiten ohne Unterlass an der Eindämmung und Reduktion der Folgeerkrankung eines Diabetes.
Einige aktuelle Forschungsansätze in der Diabetes Forschung:
- Insulinspray für die Nase: Ein Forscher:innenteam aus Tübingen hat sich die Wirkung von Insulin als Nasenspray etwas genauer angesehen. Die Ergebnisse sind verblüffend und ermöglichen zukünftig evtl. die Lösung von zwei Problemen auf einen Schlag. Das diabetologische Forscher:innenteam hat eine kleinangelegte Studie mit insgesamt 52 Teilnehmenden durchgeführt. Bei den Teilnehmenden der Studie handelte es sich um 25 gesunde und schlanke Probanden, um zehn übergewichtige und 12 adipöse Teilnehmende. Die erste Erkenntnis der Forschenden lag darin, dass nasal appliziertes Insulin das Hungergefühl reduziert. Außerdem fanden sie heraus, dass das Insulinnasenspray die Insulin-Empfindlichkeit der Zellen steigert. Dies ist besonders für Diabetiker:innen von Vorteil die eine zunehmende Insulinresistenz entwickelt haben – das Insulin also nicht mehr wirkt. Das Potenzial des Sprays könnte darin liegen: 1) übergewichtige Diabetiker:innen bei der Gewichtsreduktion zu unterstützen und 2) die Wirkung des körpereigenen Insulins oder des gespritzten Insulins zu erhöhen. Beide Wirkmechanismen sind unglaublich spannend und es bleibt zu hoffen, dass bald eine weitere großangelegte Studie folgen wird.
- Tägliches Blutzuckermessen ist nicht notwendig: Das Diabetiker:innen mit einer tgl. Insulintherapie regelmäßig ihren Blutzuckerwert messen sollten, ist unumstritten. Nur so können gefährliche Unter- oder Überzuckerungen verhindert werden. Nun haben Wissenschaftler:innen in Amerika in einer vom Staat subventionierten Studie Patient:innen untersucht, die eine orale Antidiabetikatherapie erhalten – mit dem gängigen Medikamenten Metformin oder Sulfanylharnstoff. Die Überlegung war, dass die regelmäßige Messung der Zuckerwerte keinen positiven Einfluss auf die Langzeitzuckerwerte hat. Viele Diabetolog:innen raten aktuell den Patient*innen dazu ihre Blutzuckerwerte in regelmäßigen Abständen selbstständig zu messen. Die Ärzt:innen argumentieren dies mit der Vorstellung, dass Patient*innen durch das selbständige Messen in Bezug auf ihre Erkrankung sensibilisiert werden und eine frühzeitige Umstellung der oralen Antidiabetika erfolgen kann. Andere Ärzt:innen sind hingegen der Meinung, dass viele Patient:innen durch das Messen verunsichert werden und die Ängste bezüglich Folgeerkrankung geschürt werden. Zudem geben sie zu bedenken, dass der tägliche Aufwand des Messens enorm hoch ist und die Motivation und Lebensqualität dadurch stark sinken kann. Die Studie wurde mit insgesamt 450 Diabetiker:innen über einen Zeitraum von 12 Monaten durchgeführt. Das Ergebnis war, dass die Langzeitzuckerwerte nur kurzfristig durch eine regelmäßige Selbstkontrolle der Blutzuckerwerte verbessert werden. Demzufolge ist eine tägliche Messung der Werte nicht notwendig.
- Magenverkleinerung als Therapieerfolg bis hin zur Heilung: Eindrucksvoll sind die Langzeitergebnisse dieser chirurgischen Intervention bei Diabetes. Vor 5 Jahren wurde eine deutsche Studie mit insgesamt 150 Patient:innen durchgeführt. Diese Patient:innen waren allesamt adipös und litten an Diabetes. Bereits vor 2 Jahren sahen die Zwischenergebnisse der Studie vielversprechend aus. Nun wurden die 5 Jahres-Ergebnisse veröffentlicht. Mit Hilfe der Operation kam es bei einer Vielzahl der Patient:innen zu einer vollständigen Heilung des Diabetes. Die anderen Patient:innen kommen unterdessen mit einer sehr geringen oralen Antidiabetikatherapie aus. Natürlich ist eine Magenoperation kein einfacher Schritt und sollte gut überlegt werden. Dennoch scheint der Nutzen dieser invasiven Methode nachgewiesen.
- Künstliche Bauchspeicheldrüse: Seit Jahrzehnten forschen und entwickeln zahlreiche Unternehmen und Forsche:innenteams an diese Technik. Seit nun knapp einem Jahr ist sie erhältlich. Im Moment nutzen derartige Systeme lediglich Typ-1-Diabetiker:innen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Bauchspeicheldrüse, wie sie im menschlichen Körper vorhanden ist, sondern um ein intelligentes System, das den Zucker automatisch misst und Insulin, adaptiert an die Werte, automatisiert appliziert. Es bleibt also weiterhin spannend ob diese Technik (Insulinpumpe mit integrierte Echtzeit Blutzuckermessung) künftig auch für Typ-2-Diabetiker:innen erhältlich sein wird.
Wie Sie sehen können, wird in unterschiedliche Richtungen im Bereich der Diabetesforschung geforscht. Hierbei sind es nicht immer privatwirtschaftliche Unternehmen, die die Forschung vorantreiben, sondern auch Studien, die alleinig vom Staat finanziert werden. Forschung steht nie still und es wird auch genau in diesem Moment so sein, dass ein Team einen Durchbruch verzeichnet, der dann bald in der Presse zu finden sein wird.
Quellenangaben
- Ärzteblatt (2017). Verfügbar unter: Insulinnasenspray könnte helfen, das Essverhalten zu regulieren.
- Ärzteblatt (2017). Verfügbar unter: Typ-2-Diabetes: Tägliche Blutzuckerkontrollen verbessern HbA1c in Studien nur kurzfristig.
- DZD – Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e. V. (o. J.). Verfügbar unter: Forschung.
- Siegmund-Schultze, N. (2017). Bariatrische Therapie des Typ-2-Diabetes: Magenoperation kann Medikamente langfristig ersetzen. Deutsches Ärzteblatt, 114 (24), S. 1190-1191.