Rückenschmerzen sind längst zur Volkskrankheit geworden, kaum einer von uns bleibt davon verschont. Doch was kann man tun, wenn es einen erwischt hat? Wir haben für Sie Tipps und Übungen einer Physiotherapeutin gesammelt.
85% der Deutschen leiden irgendwann in ihren Leben einmal an Rückenschmerzen, Frauen mit 66% eher als Männer mit 54%. Bei jedem 10. von ihnen sind die Rückenschmerzen chronisch.
Diese Zahlen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. So gehören Rückenschmerzen zu den häufigsten Ursachen einer Arbeitsunfähigkeit und zu den teuersten Erkrankungen aller Industrieländer.
Welche Arten von Rückenschmerzen gibt es?
Rückenschmerzen können überall an der Wirbelsäule auftreten, also sowohl an der Halswirbelsäule, als auch an der Brust- oder Lendenwirbelsäule. Der Schmerz wird insofern unterschieden, ob er spezifisch oder unspezifisch, sowie chronisch oder akut ist:
Bei 15% aller Rückenschmerzen liegt eine bestimmte Ursache zugrunde, man spricht von spezifischen Rückenschmerzen. Eine solche Ursache kann z. B. ein Bandscheibenvorfall oder ein Spinalkanalsyndrom sein. Der weitaus größere Teil der Rückenschmerzen (85%) entsteht jedoch ohne bekannte Ursache, der Schmerz ist unspezifisch. In dem Fall bildet er sich in den meisten Fällen spontan zurück.
Ein Rückenschmerz wird als akut bezeichnet, wenn er weniger als 6 Wochen anhält. Es wird im Volksmund von einem Hexenschuss gesprochen.
Ein subakuter Schmerz hält zwischen 6 und 12 Wochen an.
Chronisch ist der Schmerz, wenn er länger als 12 Wochen besteht. Bei jedem 10. Rückenschmerz ist das der Fall. Die Prognose chronischer Rückenschmerzen ist eher schlecht. Als Risikofaktoren für die Chronifizierung gelten vor allem psychosoziale Gründe, wie Angst oder Belastungen in der Familie oder Partnerschaft.
Was können Sie selbst gegen Rückenschmerzen tun?
Rückenschmerzen führen oft in einen Teufelskreislauf. Der Schmerz ist ein Schutzinstinkt, der automatisch ein Vermeidungsverhalten auslöst. Dies führt auf Dauer aber dazu, dass die Muskelmasse abnimmt, die Muskeln verkrampfen, die Knochendichte geringer wird und die Koordinationsfähigkeit der Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke verloren geht. Das verstärkt die Rückenschmerzen.
Bei einem Großteil der Patient:innen mit chronischen Rückenschmerzen liegen eine Muskelschwäche, Koordinationsstörung, Ausdauerdefizit und eine Einschränkung der Beweglichkeit vor.
Um diesen Teufelskreislauf zu durchbrechen, müssen Sie sich bewegen!
Dabei muss der Körper allmählich die Erfahrung machen, dass Bewegung nicht schadet, sondern hilft. Mit den richtigen Übungen können folgende Ziele erreicht werden:
- Funktionsfähigkeit der WS wiederherstellen
- Schmerzlinderung
- Gegebenenfalls Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
Wichtig zu Beginn ist, dass Sie Ihre Rückenschmerzen ärztlich durch einen Orthopäden abklären lassen, vor allem wenn der Schmerz lang anhaltend ist, ausstrahlt oder es sogar zu neurologischen Ausfällen kommt!
Steht dem Training nichts im Wege, sollten Sie sich täglich 15 bis 30 Minuten Zeit dafür nehmen und die folgenden 3 Schritte befolgen. Beachten Sie dabei immer: Es darf anstrengend sein, die Übungen sollen aber keinesfalls Schmerzen auslösen!
Schmerzen lindern
Die verkrampfte Rückenmuskulatur muss gelöst werden, um die Übungen ohne Schmerzen durchführen zu können und nicht die Schonhaltung zu trainieren.
- Wärme: Löst verkrampfte Muskulatur.
- Leichte Bewegung hat den gleichen Effekt, z. B. spazieren gehen oder schwimmen.
- „Pferderücken und Katzenbuckel“: Sie befinden sich im Vierfüßlerstand. Machen sie zunächst die ganze Wirbelsäule rund, sodass ein Katzenbuckel entsteht. Bewegen Sie dann langsam die Wirbelsäule in die entgegengesetzte Richtung, lassen Sie den Rücken also im Hohlkreuz durchhängen.
Sie können diese Übung auch im Sitzen durchführen. Dabei ist es wichtig, dass die Füße auf dem Boden aufstehen. Machen Sie den Rücken ganz rund und anschließend ein Hohlkreuz. Bewegen Sie dabei auch stets das Becken und die Schultern mit.
Muskeln aufbauen
Gezielte Übungen, um den ganzen Rumpf zu trainieren.
- „Käfer“: Damit trainieren Sie Ihre tiefen Bauchmuskeln, die die Wirbelsäule von vorne stabilisieren. Legen Sie sich auf den Rücken und winkeln die Beine zum Bauch an, die Füße sind in der Luft. Die Hüft- und Kniegelenke befinden sich etwa im Rechten Winkel. Strecken Sie nun langsam ein Bein lang nach vorne aus, ohne es abzulegen. Anschließend wieder anziehen und das andere Bein ausstrecken. Dabei ist es wichtig, dass die Lendenwirbelsäule nicht vom Boden abhebt! Sie können zur Kontrolle eine Hand unter die Lendenwirbelsäule legen.
- „Flieger“: So trainieren Sie ihre Rückenmuskulatur: Sie liegen auf dem Bauch, die Beine sind ausgestreckt und angespannt, der Blick geht zum Boden und der Kopf ist etwas abgehoben. Ihre Arme sind neben dem Kopf nach vorne ausgestreckt. Heben Sie nun gleichzeitig den rechten Arm und das linke Bein ein paar Zentimeter vom Boden ab und halten Sie die Spannung für etwa 15 Sekunden. Dann langsam ablegen und die Seite wechseln.
- „Armdrücken“: Diese Übung stärkt Ihren ganzen Rumpf. Sie stehen aufrecht, die Schultern sind locker. Drücken Sie zuerst Ihre Handflächen für etwa 15 Sekunden aneinander, sodass die Bauch- und Brustmuskeln angespannt sind. Lösen Sie die Spannung langsam und verhaken Sie Ihre Fingerspitzen. Jetzt können Sie die Hände für etwa 15 Sekunden auseinanderziehen, sodass die Rückenmuskeln angespannt sind.
Abschluss
Beenden Sie Ihr Übungsprogramm mit lockeren Bewegungen wie in Schritt I.
Quellenangaben
- Hildebrandt, J., Mense, S. (2001). Rückenschmerzen. Ein ungelöstes Problem. Schmerz 15, S. 411–412
- Thomm, M. (2012). Schmerzmanagement in der Pflege. Berlin Heidelberg: Springer. S. 228 ff.